Wurzeln der Contact Improvisation

Tanja Striezel Contact Improvisation„The Earth is bigger than you. You might as well coordinate with it.“

 Nancy Stark Smith

Die Anfänge dieser Tanzform liegen in Amerika und gehen auf den Tänzer, Aikidoschüler, Turner und Choreographen Steve Paxton zurück. Er hat Ende der 60er und Anfang der 70er in der Kompanie von Merce Cunningham getanzt. Diese Kompanie hat mit Modernem Tanz gearbeitet und zunehmend auch avantgardistische Konzepte wie Minimalismus und Zufall für Choreographien genutzt. Einflussreiche Kooperationen gab es mit anderen Künstlern wie John Cage und Robert Rauschenberg.

Der gesellschaftliche Umbruch in den 60er Jahren in Amerika hat sich auch in der künstlerischen Szene ausgewirkt. Im modernen Tanz wurde Neues ausprobiert, das Judson Dance Theatre in New York experimentierte z.B mit neuen  Performanceorten wie Kirchen und Dächern und anderen Orten für das Publikum. Das Interesse an Alltagsbewegungen im Tanz nahm zu und stellte ästhetische Grundannahmen in Frage. Statt Choreographie wurde Improvisation als neue Tanzform und Komposition ins Leben gerufen. Körperarbeit wie Body-Mind-Centering, Alexander-Technik, Laban-Bartenjieff oder Aikido u.a. beeinflusste zunehmend die Bewegungserfahrungen.

Auch Steve Paxton begann seine eigenen Ideen zu verfolgen: es interessierte ihn, was sich am Tanz ändert, wenn die Tänzer ihre Bewegungen miteinander und aus dem Moment heraus, also improvisierend entstehen lassen? Auch Alltagsbewegungen wie Stehen, Gehen, Sitzen flossen in sein Bewegungsmaterial ein.

Tanja Striezel Contact Improvisation1972 zeigte er in Oberlin, Ohio sein Stück  „Magnesium“, in dem 11 Männer ineinander und durcheinander fielen. In einem anderen Stück erkundete er die Reflexe und die Körperspannung im Stehen und nannte dieses Experiment den „Small Dance„, eine Meditation im Stehen. Inspiriert von dieser Arbeit und seinem Einfluss aus dem Aikido, brachte er wenig später erneut verschiedene Tänzer zusammen, u.a Nancy Stark Smith, Dani Lepkoff, Nita Little, um mit der Dynamik von Bewegung und Berührung im Feld physikalischer Kräfte zu experimentieren. Sie erforschten tagelang Rollen, Heben, Fliegen, Fallen, Gewicht geben und nehmen, miteinander zu Boden gehen und das Stehen (Small Dance) und improvisierten mit der Bewegung aus dem Moment der Berührung heraus. Nach dieser intensiven Woche haben sie dieses Forschen öffentlich in einer Galerie in New York gezeigt, eine Woche lang 5 Stunden täglich. Sie nannten diese Performance Contact Improvisation.

Es hätte also einfach eine Performance bleiben können. Viele Tänzer waren aber sehr von dieser Arbeit angesprochen und lebten aber an verschiedenen Orten. Da man für diese Tanzform einen Partner braucht, fingen sie an, mit anderen zu forschen und zu unterrichten.

So hat sich Contact Improvisation zunächst in den USA ausgebreitet und wurde wenig später auch nach Europa gebracht. 6 Jahre lang experimentierten sie nur mit dem Timing und dem Rhythmus des Körpers in Bezug zu den physikalischen Kräften alleine und in Bezug zu einem Partner, erst dann begannen sie Wege zu suchen, ihre gewohnten Muster zu brechen – Musik zu benutzen war ein Teil davon.

Tanja Striezel

Contact Improvisation wurde nie institutionalisiert und der Name nicht geschützt. Mitte der 70er Jahre gab es das Bedürfnis nach Austausch u.a über Inhalte, Methoden und Sicherheit und der Contact Newsletter wurde ins Leben gerufen, was bald zu dem MagazinContact Quarterly wurde, herausgegeben bis heute von Nancy Stark Smith und Lisa Nelson.

Mittlerweile wird in vielen Teilen der Welt Contact Improvisation praktiziert und  Elemente daraus fließen heute in den zeitgenössischen Tanz und Theater ein. Es gibt Kurse, Workshops, Festivals, LehrerInnentreffen (ECITE) und Performances. Eine Form, in der Contact Improvisation von Anfang an praktiziert wurde und aus der Dojo Idee des Aikido und der Jazzmusikszene abgeleitet ist, ist die Contact Jam. Dort wird zusammen ohne Anleitung  Contact getanzt und praktiziert, in verschiedenen Settings von wöchentlich bis zu überregionalen Wochenendjams.